Carl Marx

Carl Marx war ein deutscher Maler. (*18.08.1911 in Göttnitz - +10.03.1991 in Dessau) Er besuchte das Bauhaus in Dessau und Berlin, das inhaltlich, weniger stilistisch, Zeit seines Lebens nicht mehr von ihm ließ. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Schwerpunkt und ab den 1950er Jahren die Festigung seines bildnerischen Schaffens. Unterbrochen wurde seine Kariere durch die Diffamierung als „Formalist“ in der DDR. Mit gut bezahlter Kunst an verschieden Bauwerken konnte er trotz der künstlerischen Isolierung seiner Werke seinen Lebensunterhalt bestreiten. Mit den ersten Ausstellungsbeteiligungen in den 1970er Jahren erfolgten bald eigene Personalausstellungen in Halle und Dessau. Seine letzte für 1991 geplante Ausstellung im Dessauer Bauhaus, an deren Wiederherstellung er beteiligt war, zerschlug sich mit seinem Tod und der jahrlangen Unsicherheit zur rechtlichen Nachfolge seiner Werke. Sein Testament wurde erst 2003 in einen Brief von 1982 an Andreas Hünecke gefunden. Seitdem konnten seine Werke in einigen Ausstellungen der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Leben und Werk

  • 1911 in Göttnitz am 18. August als Sohn eines Arbeiters geboren; die Eltern kamen aus Berlin, der Vater war Mitglied der SPD und Sonntagsmaler
  • 1913 Die Familie zieht nach Dessau-Nord
  • 1926-1929 Lehre als Dekorationsmaler in Dessau nach Abschluß der Mittelschule
  • 1927 Eintritt in die Sozialistische Arbeiterjugend
  • 1929-1930 Wanderschaft durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, Teilnahme am Internationalen Jugendtag in Wien
  • 1931-1933 Studium am Bauhaus in Dessau und Berlin
  • 1933-1935 Arbeitslosigkeit; Wohnsitz in Dessau
  • 1935-1938 Arbeit als Anstreicher
  • 1938-1939 Zwangsverpflichtung zum Bau des Westwalls
  • 1940-1943 Kriegsdienst; nach Verwundung als schwerbeschädigt entlassen
  • 1943-1945 Prüfstellenassistent in einem Dessauer Rüstungsbetrieb
  • 1945-1947 Gelegenheitsarbeiter; Eintritt in die SPD, 1946 in die SED übernommen
  • 1947 erste Ausstellung in Dessau, seitdem freischaffend als Maler tätig
  • 1953 Austritt aus der SED, Arbeit als Betonbauer, wegen „formalistischer Tendenzen" in seiner Malerei für ein Jahr „zur Bewährung in die Produktion" geschickt.
  • 1958 Das Gemälde „Katzentheater" wird in der DEFA Wochenschau „Der Augenzeuge" angeprangert;
  • 1971 Ausstellung in der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle
  • 1978 erste Monographie durch Wolfgang Hütt in der Reihe „Maler und Werk"
  • 1986 Ausstellung im Bauhaus Dessau
  • 1991 am 10. März in Dessau gestorben
  • 1991-2003 Nachlass aufgrund des fehlenden Testamentes unter Verschluss
  • 2004 Erste Ausstellung in Halle mit Nachlass des Malers
  • 2007 Die Stiftung Bauhaus Dessau erwirbt einen Großteil des Nachlasses
  • 2011 Ausstellung in Dessau, im Meisterhaus Klee-Kandinsky durch die Stiftung Bauhaus Dessau zum 100. Geburtstag

Nachfolgend sollen verschiedene Stimmen zu seinem Leben sprechen:

Am 18. August 1911 in Göttnitz geboren…

Carl Marx wurde am 18. August 1911 zu 4:45 Uhr als „Hermann Carl Marx“ in Göttnitz geboren. Sein Vater war der Müller und organisierte Arbeiter Karl Hermann Marx. Seine Mutter hieß Gertrud Pauline Anna geb. Hugowsky. Getauft wurde er am 15. November desselben Jahres. Seine Taufzeugen waren: Friedrich Schneider aus Merzien, Wilhem Marx aus Priesdorf, Franz Trojan aus Löberitz, Friedrich Pforte aus Salzfurth, Friedrich Marx aus Bobbau und Anna Marx aus „Groß Paschleben“.[1]

Marx. Bauhaus Dessau, II

„Es war die gegensätzliche Situation, die mich da forderte, alles aufzunehmen, was sich nur anbot. Dieses Haus zeigte plötzlich nie geahnte Möglichkeiten (und) Sichten auf, nach jahrelangem verspieltem Trott.

Erst die Wanderjahre mit den Pennern in den Herbergen, von (denen man) Tricks und die Kunst nahrhaftes Essen zu fechten erlernte. Dazu den rüden Ton der Abwehr. Er setzte sich tief fest. Doch jetzt zeigte sich eine Chance auf.

Wenn ich früh das Glashaus betrat, die ästhetischen Werte wohl nur erahnte, die Ruhe und die Konzentration des Ablaufes des Unterrichtes, dann (entstand) der Antrieb: zu einem Resultat (zu) kommen, endlich den Faden erwischt zu haben, worum es hier geht. Albers und Kandinsky waren die Klippen. Das Handwerkliche lag mir in den Händen. Auch Mies v. d. Rohe war Praktiker in der Demonstration formaler Mittel. [...]“[2]

1933 - Denken ab jetzt ausschalten…

„Als erstes: Argwohn, Vorsicht, denn die SA-Männer sprießen wie die Pilze, und die Jahre vorher können böse Dinge ergeben. […] Man muß kritisches Denken ab jetzt ausschalten. Sonst geht die Galle ins Blut, ‚tumber Narr‘ wird das Richtige sein.“[3]

1945 - Und dann fing man an zu malen, …

…“doch es war, als hätte man nie damit zu tun gehabt. ...Dieses gewaltsame Absperren des Denkens, um im Krieg nicht überzuschnappen, hat sicher allgemein Nerven- und Denkbezirke lahmgelegt.[4]

1958 - Katzentheater in der Formalismus-Debatte

„Bei dem Bild «Katzentheater» von Carl Marx findet man eine ähnliche Erscheinung. Auch hier hat der Künstler auf eine ganz subjektivistische Art willkürlich die Beziehungen verzerrt, indem er auf eine Weise, die auch in der Gestaltung kaum etwas von echter künstlerischer Auseinandersetzung empfinden läßt, aus seinem Menschen das Menschliche eliminiert, seine Menschen «verkatzt» oder seine Katzen «vermenschlicht». Sind ihm die Menschen Katzen oder die Katzen «menschlich»“?[5]

1958 - einer, der nicht anpaßbar war

„Als wir einander zum ersten Male begegneten, im Jahre 1958, galt Carl Marx, der Maler aus Dessau, den Hütern der von ihnen zur alleinigen Gültigkeit erhobenen „reinen" Lehre als Formalist. So beschimpft zu werden, offiziell und vor aller Öffentlichkeit, kam zu jener Zeit fast schon der Denunziation als „Feind der Arbeiterklasse" gleich.“[6]

1978 - …das mühelos Scheinende bitter ernst nehmen..

„Diesen Maler einordnen zu wollen fällt schwer. Er lebt in Dessau und damit im Bannkreis der nach 1945 unverkennbar gewordenen halleschen Kunst, hat geholfen, sie mitzuformen, von der ersten Stunde an, sogleich in den schweren Jahren nach 1945. Es ist eine eigenartige, wie märchenhaft verklärte, oft nur in der Phantasie so vorstellbare oder mit einem leisen ironischen Lächeln betrachtete Welt, die Marx in seinen Bildern gestaltet: die Welt der Artisten, der Spaßmacher, der Schönheit der Mädchen und jungen Frauen, sogar von der Realität gespeister Weltraumutopien. Das alles ist mit der Unbefangenheit dessen gesehen, der sich einfacher Dinge erfreut, der noch das Erschauern wie vor Wundern kennt, wenn ihn im Alltag die Farbigkeit des Lebens berührt. Es ist viel Heiterkeit in der Kunst dieses Malers, und vielleicht auch ein wenig Traurigkeit über das Vergängliche alles Schönen. Die Heiterkeit steckt in den Gegenständen und in der Art, wie sie gesehen sind, sie drückt sich aus in den Farben, sie ist in den Formen enthalten. Den Gemälden, und fast mehr noch den Zeichnungen, ist anzusehen, daß ihr Entstehen den Maler ergötzte, […] Dennoch hat es der Maler sich und seiner Kunst nicht leicht gemacht. Bei aller für ihn damit verbundenen Freude nahm er das mühelos Scheinende bitter ernst, er hat geübt und verworfen, experimentiert und gefeilt, bis seinen Werken die Spuren“.[7]

1991 …der letzte Frühling…

„Noch ahnte er nicht, daß es für ihn der letzte Frühling war, [...]. Dachte er an den […]80. Geburtstag, sah er die geplante Ausstellung im Dessauer „Bauhaus" vor sich, für die er unermüdlich malte. […] Carl Marx starb einsam, wahrscheinlich am 10. März 1991. […] Die Ausstellung, für die er bis zuletzt noch gemalt hatte […] scheiterte. Ganz zuletzt hatte ihn ein Satz […] betroffen gemacht […]: ‚Wir aber sind gleich den versunkenen Schiffen in den Meeren und über unsere Köpfe hinweg ziehen die Schiffe der anderen.‘[8]

2004 wieder öffentliche Ausstellungen…

„Endlich wird man einen letzten Bauhäusler, einen "Eigenbrötler", einen unangepassten Maler über sein früheres Image als Geheimtipp hinaus kennen lernen können. […] Unbedenklich verletzt der Künstler Vorschriften der Genauigkeit, des Eindeutigen zu Gunsten geradezu wütend sinnlicher Energie. CARL Marx, auch insofern sind die jüngsten Übersichten zur Kunst in der DDR zu korrigieren, war am Ende seines Lebens einer ihrer jüngsten Maler, freilich sehr verzweifelt.“[9]

Benny Berger (2011)


[1] vgl. Berger, B.„Carl Marx, ein Leben für eigene Bilder“ (Manuskript), Angaben aus dem Taufregister von Göttnitz. 1911, S. 103, Nr. 7

[2] vgl. Brief an Wolfgang Hütt vom 01.03.1977, S. 53/54 in: Marx, Carl und Hütt, Wolfgang; Ergötzliche Briefe des Dessauer Malers Carl Marx an Wolfgang Hütt, 2002, Halle

[3] ebenda, S. 56/57

[4] ebenda, S. 56/57

[5] vgl. Kuhirt, Ullrich, „Probleme einer Ausstellung“ in Bildende Kunst, Nr. 3, 1958, S. 158-164

[6] vgl. Hütt, Wolfgang / Hüneke, Andreas in “Carl Marx, Malerei, Hrsg. Kunstverein „Talstraße“ e.V., Halle, 2004

[7] vgl. Hütt, Wolfgang, Carl Marx, Maler und Werk, 1978, Dresden

[8] vgl. Hütt, Wolfgang / Hüneke, Andreas in “Carl Marx, Malerei, Hrsg. Kunstverein „Talstraße“ e.V., Halle, 2004

[9] vgl. „Die Auferstehung der Malerei des CARL MARX in Halle“ in der Leipziger Volkszeitung vom 07.09.2004