Flinzstein

Löberitz

Über den Flinz wurden in den vergangenen Jahren schon unzählige Artikel und Berichte verfasst. Vor allem die bekannte Teufelssage findet breite Beachtung. Gleichermaßen wird der eiszeitliche Findling im Zusammenhang mit dem Wegebaudenkmal "Theurer Christian" erwähnt. Leider blieben bei all den Betrachtungen einige geschichtliche Hintergründe weitgehend unberücksichtigt. Gänzlich unerwähnt in der Berichterstattung der letzten 60 Jahre ist auch die Bedeutung des Flinz als möglicher Ausgangspunkt der Christianisierung unserer Heimat, was aber während der atheistisch und diktatorisch geprägten Staatsformen nicht verwunderlich sein dürfte.

Schon deshalb möchte ich in dieser Broschüre neben den bekannten Informationen auch auf weniger bekannte Abschnitte der Heimatgeschichte eingehen. Eine Heimtgeschichte, die wechselhaft war mit Höhen und Tiefen und die die hier lebenden Menschen prägte.

Um über den Flinz zu berichten, muss man sehr weit in die Vergangenheit zurückblicken. Bis in eine Zeit, in der sich das Antlitz der Erde grundlegend veränderte.


Blicke in die graue Vorzeit

Vor über 2 Millionen Jahren begann im Pleistozän, der älteren Abteilung des Quartär, die nördliche Erdhalbkugel völlig zu vereisen. Die bis dahin überall vorkommenden aktiven Vulkane, wie zum Beispiel auch unser heutiger Petersberg oder der Quetzer Berg, erloschen. Mächtige Gletscher mit einer Stärke von über 3000 Meter wanderten in Mitteleuropa langsam aber unaufhaltsam Richtung Süden. Dabei bildeten sich in Zentraleuropa unsere heutigen Mittelgebirge. Erst die alpinen Bergzüge, die schon vor ca. 60 Millionen Jahre im Tertiär entstanden, konnten den gewaltigen Strom aufhalten.

Was sich den Riesengletschern in den Weg stellte, wurde mitgenommen. Sie machten auch nicht vor riesigen Steinen halt. Nach dem Abschmelzen der Eismassen bildeten sich dann große Moränenbögen. Auch der Stein im Fuhnegebiet zwischen Zörbig, Zehmitz und Löberitz kam so an sein Ziel.

Vielleicht erreichte er aber mit einer der drei noch folgenden großen Eiszeiten seinen jetzigen Platz. Die letzte hatte ihren Höhepunkt vor ca. 18 000 Jahren., also in einer Epoche, in der sich der Mensch durch sein Gehirn und das damit verbundene bewusste Denken schon längst gegenüber allen anderen Kreaturen durchgesetzt hatte.

Die großen Findlinge, die auch als erratische Blöcke (lat. erratus - verirrt) bezeichnet werden, sind also meistens als ortsfremdes Gestein erkennbar. Der Flinz besteht aus roten schwedischen Granit. Neben den großen Gesteinsblöcken brachten die Eiszeiten auch Steine kleinerer Größen mit. Der Gesteinsmüll regte die Menschen weit weniger zu Phantasien an als die weithin sichtbaren Steinbrocken.

Auch das damals mächtige Urstromtal der Fuhne bildete sich durch die Eiszeit. Mit zwei Flussrichtungen zur Mulde im Osten und zur Saale im Westen stellt der 53 km lange Fluss mit seiner eigenen Wasserscheide (Bifurkation) unweit des Dorfes Zehbitz bis zum heutigen Tag eine Besonderheit dar.

Der Name "Fuhne" entwickelte sich aus dem altgermanischen "fani" (Sumpf oder Moor) oder "fún" (faulig oder sumpfig) und der althochdeutschen Ergänzung "aha" (Wasser oder Fluss). Beide Silben zusammen ergeben das Wort "fúna".

Auwälder grenzten an den ehemals mächtigen Fluss, der noch bis zur heutigen Zeit sein Urstromtal bis zu einer Breite von 2000 m ausdehnt. Das Gebiet war wegen des Sumpfes für den Menschen gar nicht oder nur schwer zugänglich.Für den Flinz war diese Gegend nicht gerade ideal, denn Wasser und Sumpf versuchten den Stein zu verschlingen. Doch der abgeschiedene Platz bot auch Schutz. Für die Menschen lag er nicht im Weg. Es konnte dort weder ein Haus noch eine Straße gebaut werden. Die technischen Mittel ihn von dort wegzuholen und als Baumaterial zu verarbeiten waren damals kaum gegeben. Inzwischen erlangte er bei den Menschen eine Bedeutung und erhielt so automatisch einen unantastbaren, ja heiligen Status.


Germanen besiedelten das Fuhnegebiet

Doch was waren das für Menschen, die damals hier lebten und diesen Stein achteten?

Eine Besiedlung des Landes zwischen Strengbach und Fuhne kann durch unzählige Bodenfunde schon seit mehr als 5000 Jahren nachgewiesen werden. Ackerbauern und Viehzüchter, die in keinen geschlossenen Ortschaften siedelten, bestimmten das Bild des fruchtbaren Landstriches in der Jungsteinzeit (Neolithikum).

Die Germanen, wie sie von den weiterentwickelten Römern frühestens ab dem 1. Jahrhundert vor Christus genannt wurden, lebten dann immer mehr in Sippenverbänden und patriarchalischen Großfamilien. Die hier zwischen Saale, Elbe und Mulde ansässigen Sippen gehörten zur Gruppe der Elb-Germanen.

Die Stämme selbst nannten sich keineswegs Germanen. Sie hatten im Frühstadium ihrer Entwicklung kein Bewusstsein zur Zusammengehörigkeit. Es ist auch nicht sicher, ob sie durchweg germanische Sprachen im Sinne der heutigen Sprachwissenschaft hatten.

Dabei gab es drei Stände: Freie, Halbfreie und Sklaven. Aus den Freien bildete sich der Adel. Später siedelten sie in Dörfern, bevorzugten aber auch weiterhin das Leben in Ein-zelgehöften. Der Boden war Gemeinbesitz der Sippe. Hervorzuheben ist das von ihnen meisterlich beherrschte Schmiedehandwerk. Dennoch kann die germanische Kultur nicht unbedingt als Hochkultur bezeichnet werden. Erst die Berührung mit den Römern brachte kulturelle Fortschritte. In den ersten Jahrhunderten nach Christus bildeten sich dann gefestigtere germanische Stämme wie zum Beispiel Goten, Langobarden, Sachsen, Franken, Alemannen oder Markomannen heraus. Diese Stämme können durchaus als einfache Königreiche bezeichnet werden.

Die durch die neuen Strukturen erstarkten Germanen bedrängten zunehmend das west-römische Reich und führten 476 maßgeblich dessen Untergang herbei. Es entstanden verschiedene germanische Reiche, von denen sich auf Dauer nur das Frankenreich behaupten konnte.

Die einzelnen germanischen Stämme bekriegten sich aber auch untereinander. So eroberten die verbündeten Franken und Sachsen 531 das Königreich der Thüringen. Die Franken dehnten ihre Macht bis zur Saale aus. Zwischen Saale und Mulde siedelte der Stamm der Warnen, nachdem sie 594 ein thüringisch-fränkisches Heer besiegt hatten.

Die germanische Religion war ein uneinheitlicher Komplex religiöser Vorstellungen der germanischen Völker zur heidnischen Zeit. Die Mythenforschung ist im wesentlichen auf die Gedichtsammlung der Edda angewiesen. Am Anfang standen die Anbetung der Sonne und Fruchtbarkeitsriten.

Über die Kulthandlungen der Germanen ist wenig bekannt und so gibt diese Zeit Nahrung für abenteuerliche und schaurige Spekulationen.

Dabei hatte die enge Verbundenheit zur Natur Priorität. Überliefert sind die Sonnenwendfeiern. Der höchste Gott und Himmelsherr war Ziu (Tyr) und wurde schon früh von Wodan (Odin) abgelöst. Ihr Weltgeschehen wurde durch ständige Kämpfe zwischen Göttern und Riesen bestimmt. Jahreszeitlich angepasste gottesdienstliche Feste fanden unter freiem Himmel statt. Dabei kam es an besonderen Orten durch damit betraute Priester zu Opfer- und anderen Kulthandlungen. Der Flinz war in der flachen Landschaft ein Fixpunkt und könnte somit auch als germanisch-heidnische Opferstätte gedient haben. Ob man allerdings den in der Zeitung "Der Feierabend" des Jahres 1926 abgedruckten Artikel von Bernhard Heese aus Dessau Glauben schenken darf, scheint doch etwas fraglich, denn zu wenig ist über die heidnischen Opferrituale bekannt. Heese weiß in seinem Bericht "Das Fuhnetal von Wolfen bis Zörbig" folgendes über den Stein zu berichten:

"... Auf einer Brücke (Fuhnebrücke in Zehmitz, K.R.) geht es über die hier schon deutlich in Westrichtung fließende Fuhne, jenseits immer den Weg geradeaus, bis etwa 300 Meter hinter der Fuhnebrücke an einem kleinen, halbverwachsenen Teich (ehemaliger Torfstich, K.R.) ein Weg nach links in die von Gräben und Hecken durchzogenen Wiesen zieht. Etwa 500 Meter hin liegt links dicht am Wege ein riesiger Stein, ungefähr 2 ˝ Meter im Durchmesser haltend. So tief ist er in den moorigen Boden gesunken, dass er nur noch etwa 50 Zentimeter herausragt. Das ist der Flins- oder Flintstein, im Volksmunde Teufelsstein genannt. Auch hier ist der Name mehr als Schall und Rauch. Wir stehen an einer altheidnischen Opfer- und Kultstätte. Sehen wir uns die Oberfläche des Steines genauer an. Von kleinen Vertiefungen laufen Rinnen nach verschiedenen Seiten abwärts. In ihnen floss das Blut der geschlachteten Opfer zur Erde. Es muss von einer schauerlichen Feierlichkeit gewesen sein, wenn die alten Germanen hier im wüsten Sumpfwalde an einer Stätte, die nur der Kundige bei Nacht erreichen konnte, ohne im Sumpfe zu versinken, ihr Opferfeuer lodern ließen, ebenso wie oben auf dem Petersberge, den wir fast immer vor uns haben. Oder haben sie sich erst hierher zurückgezogen, als sie zum Christentum gezwungen, ihren alten Göttern nur noch heimlich opfern konnten? Dann wurden sie von den Mönchen auch hier aufgespürt, und aus dem heiligen Opferstein wurde auf deren Geheiß der Teufelsstein. So heißt er noch heute. ..."


Mit den Sorben kamen neue Völkerstämme in die Gegend

Um 650 nach Christus drängten die westslawischen Sorben oder Wenden die germanischen Stämme in breiter Front Richtung Westen und nahmen unter anderen auch Besitz von der Region des heutigen Zörbig. Der Verlauf der Saale wurde in etwa auch der Verlauf der Grenze zu den Germanen.

Obwohl die Slawen spätestens um 900 nach Christus das eroberte Gebiet wieder aufgeben mussten, prägten sie durch ihre Ortsgründungen bis zum heutigen Tag diesen Landstrich. Ihr Hauptsitz nördlich der Fuhne war die Burg Kesigesburch, dem jetzigen Cösitz. Wenngleich 839 von den Deutschen zerstört, ist die Wallanlage bis zum heutigen Tag gut erkennbar. Bei der Zerstörung fiel auch Cimisculus, der König der Koledizier.

Auf südlicher Fuhneseite bis hin nach Brehna, befand sich das Gau Zitici mit der Hauptburg in Curbici, dem heutigen Zörbig.

Die Geschichte der jetzigen Gemeinden wie Zörbig, Löberitz, Radegast oder Zehbitz verraten durch die Namensgebung ihre slawische Herkunft und lassen sich unter anderen auch dadurch nachweislich bis zur damaligen Zeit zurückverfolgen.

Die Wenden brachten dann auch ihre eigenen Götter und Götzen in unsere Gegend. Sie hatten Namen wie Zwantewitz, Ridegast, Flynz, Zuttiber, Czernebog, Perguber, Perdoit, Percun, Barstuccas, Clotkos und Pelvit. Im Verhältnis zu Zwantewitz, der wohl als Hauptgott verehrt wurde, galten alle weiteren nur als Halbgötter. Die Wenden hatten aber auch weibliche Gottheiten. Zu nennen wären hier Siva als Lebensgöttin, die unter Umständen mit der biblischen Eva verglichen werden kann, oder Slota-Baba, die Göttin der Geburt, die als Hebamme den Kindern und den gebärenden Frauen beistand.

Einige dieser Namen haben sich in verwandelter Form in unserem Sprachgebrauch bis zum heutigen Tag erhalten. Nach dem Kriegsgott Ridegast ist das Städtchen Radegast und vielleicht der Ort Rieda benannt, Flynz gab dem großen Fuhnefindling seinen Namen und Czernebog hat unter Umständen der Stadt Zörbig zur Namensgebung gedient. Nach neueren Forschungen muss hier allerdings eingeräumt werden, dass der Name Zörbig wahrscheinlich mehr von der slawischen Bezeichnung Curbici, was so viel wie Sorbenort bedeutet, abgeleitet worden ist.


Der Flinz als Kultstätte der Wenden

Fernab jeder Siedlung und nur schwer zugänglich zog der Stein die Wenden magisch an. Vielleicht errichteten sie deshalb auf dem ehemals germanischen Opferstein eine Götterfigur ihres Kulturkreises. Es war die Figur des von den Sorben hochverehrten Gottes Flynz. In seinem Buch "Der ausführlichen Nachricht von der Stadt Zörbig" aus dem Jahren 1732 beschreibt der Archidiakon M. Friedrich Gottfried Elteste (1684-1751) ausführlich die Statue. Er bezieht sich auf ein Schriftstück von Herrn Hofrat Dr. Lämmermann / Sen. aus Nürnberg und berichtet daraus wörtlich:

"... Dann der Flynz mit seiner erschrecklichen Gestalt, als ein Toden-Cörper, mit einem langen anhangenden Mantel, in der Hand einen Stab mit einem Blas-Feuer, und zur linken Seite einen aufgerichteten Löwen haltend, anbei auf einem Flynzsteine stehend etc. in der Erklärung so genau, so ausschweifend, und so fuß hinaus auf einerley, als es bey der Fabel vom Aureo Vellere &c. nimmermehr geschehen, oder auf die Bahn gebracht werden mag, ob man schon dem Volcke oder der Nachwelt keine Exegesin darüber gehalten, oder den Schlüssel darzu hinterlassen ..."

Für die Wenden war die Gottheit wichtig, da sie annahmen, dass der Löwe sie vom Tode auferwecken werde. Daraus könnte abgeleitet werden, dass es sich hierbei unter Umständen um eine relativ hochentwickelte Wiederauferstehungsreligion handelt.

Spätere (atheistische) Geschichtsschreiber deuteten den Löwen als gewöhnliche Hauskatze. Dabei muss bemerkt werden, dass Katzen bis zum späten Mittelalter keinen guten Ruf genossen und als Hexenbegleiter galten. Auch die sprichwörtlichen sieben Leben einer Katze hatten etwas dämonisches an sich und trugen nicht zur Verbesserung ihres Ansehens bei.

Kupferstich aus dem Buch "Der ausführlichen Nachricht von der Stadt Zörbig" von Archidiakon M. Friedrich Gottfried Elteste. Die Chronik wurde 1732 in Jeßnitz gedruckt. Der Kupferstich stammt von I.G.Puschner und ist wahrscheinlich noch viel älter. Auch in der Rapmund´schen Chronik aus dem Jahre 1849 wird der Götze Flynz als Kupferstich in einer nur wenig veränderten Variation abgedruckt.

Die Herkunft des Bildes ist die gleiche wie bei dem des Götzen Flynz. Auch Ridegast wird in der Rapmund´schen Chronik geringfügig verändert abgedruckt. Beide Abbildungen sind aber fast identisch, so dass hier bei beiden Götzendarstellungen nur die ältesten verwendet werden.

Übrigens lag unweit des Flinz noch ein weiterer erratische Block. Hierauf könnte als Pendant zur Figur des Gottes Flynz die des Kriegsgottes Ridegast gestanden haben. Auch diese Figur beschreibt Elteste:

"...bey diesen Leuten, deren noch unzehlige auf der Welt, theils bey den Heyden, theils bey Christen seynd, lauffet der Ridegast, oder nacketes Manns-Bild, mit krausen lockichten Haaren, auf dem Kopffe ein Vogel oder junger Adler, mit ausgebreiteten Flügeln, und an der Brust der Schild, mit einem schwarzen Püffel-Kopfe, item in der linken Hand der Spieß, etc. ..."

In der "Chronik der Stadt Zörbig" von Friedrich Heinrich Ferdinand Rapmund (1809-1884) aus dem Jahre 1849 werden diese Angaben fast wörtlich wiederholt, ergänzt und auf den damaligen aktuellen Stand der deutschen Rechtschreibung gebracht. Hier finden wir auch erstmals den Hinweis auf die Zeit der Christianisierung und auf das Wirken des Hl. Bonifatius.


Christianisierung unter Bonifatius

Die von den Sorben zurückgedrängten deutsch-germanischen Stämme nahmen durch den gestiegenen Einfluss von Rom den christlichen Glauben an. Die Christianisierung selbst erfolgte allerdings von Irland und später von England aus. Bei der Heidenbekehrung machte sich vor allem Bonifatius, der auch als Apostel Deutschlands in die Geschichte einging, einen Namen.

Bonifatius, eigentlich Wynfrith (deut. Winfried - Friedensspender), wurde um 672/73 n.Chr. in Kirton (Wessex/England) geboren. Die Missionierung Englands war im vollem Gange. Davon angeregt trat er schon in jungen Jahren unter Abt Wolphard dem Bennediktinerorden in Exeter bei. Mit 30 Jahren wurde er dann zum Priester geweiht. Obwohl von Wolphard als Nachfolger vorgesehen, ging er in das Kloster nach Nursling (bei Winchester) und bereitete sich dort für die Mission auf dem Festland vor. Wenig später sammelte er dann in Deutschland als Missionar erste Erfahrungen.

Im Herbst 716 kehrte der junge Bennediktiner noch einmal in sein Mutterkloster Nursling zurück. Zwei Jahre später verließ er dann das zweite mal, und nun für immer, seine Heimat.

Der Angelsachse machte sich auf den Weg nach Rom, um sich von Papst Gregor II. eine Vollmacht zur "Heidenmission" geben zu lassen. Dieser erteilte ihm am 15. Mai 717 den Auftrag. Um seine Verbundenheit zur römischen Kirche unter Beweis zu stellen, nahm er von nun an den Namen des römischen Märtyrers Bonifatius an, dessen Fest am Vortage gefeiert wurde. Auch diese Namenswahl war für ihn Lebensprogramm, denn Bonifatius bedeutet "der Wohltäter". 719 weihte ihn Willibrod zum (Weih-) Bischof.

Nach anfänglicher Missionstätigkeit in Thüringen und Friesland wirkte Bonifatius ab 721 in Hessen. Dort gründete er in Amöneburg sein erstes Kloster.

722 besuchte der Bennediktiner zum zweiten Mal Rom. Der Papst weihte ihn da zum Bischof und übergab ihm einen Schutzbrief des Frankenkönigs Karl Martell.

Stoff für viele Geschichten und Sagen gab auch das Fällen der mächtigen und über tausendjährigen Donnareiche bei Geismar. Thor (nord.) oder auch Donnar (germ.) war der Gott des Gewitters oder allgemein der Wettergott. Damit erschütterte Bonifatius den Götterglauben der dort lebenden Menschen. Das Holz der gefällten Eiche soll in Fritzlar zum Bau der Peterskirche verwendet worden sein.

Papst Gregor III. ernannte Bonifatius 732 zum Erzbischof und gab ihm damit das Recht und den Auftrag, weitere Bischöfe zu weihen.

Zwischen 737 und 738 reiste er zum dritten Mal nach Rom. Der Papst erteilte ihm den Auftrag, als Legat für Deutschland der Kirche in Bayern, Alemannien, Hessen und Thüringen eine kanonische Ordnung zu geben. Mehrere von ihm gegründete (Erz-) Bistümer haben trotz Säkularisation bis zum heutigen Tage Bestand.

Die Taufe der Heiden stand für Bonifatius aber weiterhin im Mittelpunkt der Missionstätigkeit.

Abbildung aus dem Buch "Legende von den Heiligen Gottes" aus dem Jahr 1879. Der Holzstich stammt vermutlich aus dem 18. Jahrhundert.

Interessant und auf die vorherrschenden Gegebenheiten zugeschnitten ist die Absagungsformel und das Glaubensbekenntnis, mit welchem Bonifatius taufte:

Widersagst du dem Teufel?
Ich widersage dem Teufel.
Widersagst du seiner Pracht?
Ich widersage seiner Pracht
Widersagst du all seinen Worten und Werken, dem Götzen Thor, und dem Wodan, und dem Odin der Sachsen und all den bösen Geistern, welche dieser Götzen Mitgenossen sind?
Ich widersage.

Glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater?
Ich glaube.
Glaubst du an Christus, Gottes Sohn?
Ich glaube.
Glaubst du an den heiligen Geist?
Ich glaube.

Trotz der Erfolge hatte Bonifatius auch gegen innerkirchlichen Widerstand zu kämpfen. Der heimische Klerus legte ihm zur Last nicht einer der ihren, sondern ein Fremder zu sein. Das sollte auch seine Entscheidung prägen, sich von seinen Ämtern langsam zurückzuziehen und sich wieder gänzlich der Mission an vorderster Linie zu widmen.

Bonifatius bestellte Nachfolger und begab sich mit etwa 50 Getreuen nach Friesland. Einer Vorahnung folgend verstaute er auch schon ein Leichentuch in seiner Bücherkiste.

Am 5. Juni, dem Vorabend des Pfingstfestes des Jahres 754 (In der älteren Literatur wird die Jahreszahl 755 angegeben.), bereitete sich Bonifatius bei Dokkum auf die Firmung von Neubekehrten vor. Die Gemeinschaft lagerte auf offenem Feld am Flüsschen Burda. Da wurden sie plötzlich überfallen. Bonifatius trat den Angreifern mutig entgegen. Zu den versammelten Gläubigen aber sprach er: "Kinder, lasset ab vom Kampfe und denket, dass das Wort der Schrift uns befiehlt, Böses mit Gutem zu vergelten. Dieser Tag ist es, wonach ich mich schon lange gesehnt habe, und jetzt ist die Stunde meiner Befreiung gekommen." Zu seinen Mitpriestern und den Diakonen aber sagte er: "Brüder! Seid standhaft und fürchtet nicht jene, die euerer Seele nichts anhaben können, sondern freut euch in Gott und in Christo; vollendet ruhig den kurzen Gang des Todes, der euch in das ewige Königreich einführt." Im gleichen Augenblick erhielt er, ein Buch (Ragyndrudis-Codex) hoch erhoben, den tödlichen Hieb.


Bonifatius zerstört das Götzenbild des Flynz

Nach Hinweisen aus der Rapmund´schen "Chronik der Stadt Zörbig" aus dem Jahre 1849 und dem im Wochenblatt "Askania" am Freitag, dem 26. April 1912 veröffentlichten Bericht von M. Dannenberg aus Großweißand wird mit Hinweisen auf noch ältere Quellen direkt auf die Zerstörung des Flynzstandbildes durch Bonifatius verwiesen.

In Wirklichkeit soll Bonifatius das Flynzstandbild persönlich zerstört haben, doch auch die allegorische Darstellung des Zörbiger Malers Jakob Hildenbrant ist interessant, denn hier hat Flynz doch ein recht teuflisches Aussehen.


Der heilige Stein wird Marienwallfahrtsort

Im 8. Jahrhundert nach Chr. begannen die deutschen Stämme, besonders die Franken, unter Kaiser Karl dem Großen (768-814) und im mitteldeutschen Raum vor allem unter dessen Sohn König Karl mit der Zurückeroberung der an die Sorben verlorenen Gebiete. In unserer Gegend zeichnete sich vor allem das Geschlecht der Wettiner bei der Zurückdrängung der slawischen Volksstämme aus.

Spätestens zu dieser Zeit hatte das Christentum hier Fuß gefasst. Die Flinzstatue war zerstört und dennoch wurden von den Christen einige Sitten und Gebräuche weitergeführt, bzw. übernommen.

Nach der Hachmeister´schen Chronik wurde der Flinz der Gottesmutter Maria geweiht, und ein Marienstandbild darauf errichtet. Die Mutter Gottes wurde mit Sicherheit in der Reformationszeit entfernt. Vielleicht fiel sie auch nur dem Zahn der Zeit zum Opfer und wurde dann einfach nicht mehr erneuert. Dennoch erlangte der Flinz, vor allem im anhaltinischen, auch den neuen Beinamen "Der heilige Stein".

Zum "Heiligen Stein" passte auch die Vornahme sogenannter Sympatie-Kuren. Das hat folgende Bewandtnis: Zwischen den Städten Zörbig und Radegast führte eine Handelsstraße durch den Morast der Fuhne. Die Handelsstraße galt als wichtige Verbindung zwischen der Bischofsstadt Magdeburg und der Handelsmetropole Leipzig. In Zörbig kreuzte die Route die sogenannte Salzstraße, eine Verbindung zwischen Dessau und Halle. Auch dieser Weg führte im damaligen Salzfurt durch die Fuhne und gab den Ort seinen Namen.

Doch zurück zur Straße zwischen Zörbig und Radegast. Endloser Morast, vor allem im Frühjahr, ließen den Weg zu einem unpassierbaren Hindernis werden. Da kam es schon des öfteren vor, dass die Ochsenkarren und Pferdefuhrwerke im sumpfigen Boden steckenblieben.

Die Fuhrleute versuchten alles Menschenmögliche. Wenn dann nichts mehr ging, machten sie sich auf den Weg zum ca. 2 km entfernten Flinz. Hier legten sie Opfergaben nieder oder beteten wegen ihrer Probleme und Sorgen.

Nach der Christianisierung wird der Stein zum "Heiligen Stein" und der Gottesmutter Maria geweiht. Vielleicht wurde darauf ein (frühromanische) Marienstandbild errichtete. Bis spätestens zur Reformation bleibt der Stein ein Marienwallfahrtsort.

Wer mit Beten nicht so viel im Sinn hatte, nutzen den Besuch, um dort eine Mahlzeit einzulegen. Dabei war es Brauch, immer ein Stück Brot auf den Stein zu legen und ein wenig Bier darüber zu gießen.

Mit frischem Mut und gestärktem Vertrauen ging es dann zurück zum steckengebliebenen Fuhrwerk.

Bis zur Rückkehr zum Gespann vergingen wenigstens zwei bis drei Stunden. Die Ochsen oder Pferde hatten sich inzwischen erholt und zogen mit neuer Kraft den Karren aus dem Morast. Der Stein hatte wieder einige Bewunderer mehr.

Aber auch zu anderen Gelegenheiten wurden Sympatie-Kuren vorgenommen. Diese sollen vor allem während der Zeit des Neumondes wirkungsvoll gewesen sein.

Zwischen 1678 und 1687 ließ Christian I. die Straße zwischen Radegast und Zörbig befestigen. Es wurde ein 1300 m langer Damm aus Holz und Feldsteinen aufgeschüttet und eine steinerne Fuhnebrücke gebaut. An dieser Brücke wurde dem Erbauer ein Denkmal gesetzt. Der sogenannte "Theure Christian" hat folgende Inschrift:

"Du wirst mein Reisender es noch am besten wissen,
Als dieser Ort noch grundlos und ungebaut.
Durch emsig grossen Fleiß und Kosten lassen bessern,
Anno 1688

Auf Christian I. folgte sein älterer Sohn Christian II. (1691-1694) und dann dessen Sohn Moritz Wilhelm bis 1731. Moritz Wilhelm hinterließ nach seinem Tode keine Nachkommen, und so fiel die Herrschaft auf seinen Onkel Heinrich, dem jüngeren Sohn Christian I. Dieser ließ den Damm während seiner Regentschaft grundlegend instand setzen. Ihm zu Ehren wurde eine Gedenktafel am Wegebaudenkmal mit folgender Inschrift angebracht:

"Den Damm, den Herzog Christian
Und bessert, was die Zeit verletzet.
Es werden Schlösser, Güter, Straßen,

Obwohl die Straße nach den Baumaßnahmen besser passierbar wurde, hatte die Benutzung doch einen Nachteil. Es wurden den Reisenden Benutzungsgebühren abverlangt. Da versuchten viele Handelsleute parallel zur Straße durchzukommen, und der Heilige Stein stand weiter in der Gunst der Fuhrleute.

Spätestens nach Abschaffung der Straßengebühren wurde der Stein kaum noch reflektiert und es sank die christlich-religiöse Bedeutung des Steines. Man erinnerte sich wieder mehr an seine ehemals heidnische Bedeutung.


Die Teufelssage

Die Oberfläche des Steines ist sehr uneben. Der Volksmund deutet die flachen Vertiefungen als die Abdrücke der Riesenhand des Teufels. Natürlich animiert dieser Eindruck zur Sagenbildung. Die Teufelssage um den Flinz ist eine der wenigen überlieferten Sagen unserer Heimat. Dabei kommen unterschiedliche Fassungen vor. Die wohl älteste nachweisbare Darstellung stammt vom Löberitzer Ziegelleibesitzer und Schachclubgründer Friedrich Franz Ohme. Er berichtete dem Zörbiger Lehrer und Geschichtsschreiber Reinhold Schmidt folgendes:

Der betrogene Teufel

Auf der Spitze des Petersberges stand ein Mönch des dortigen Klosters und blickte vergnügt gen Wadendorf, wo die Kirche gebaut wurde. Da gesellte sich der Teufel zu ihm und suchte seine Freude zu verderben. "Freue dich nicht zu früh, Mönchlein", begann er, "denn ich habe noch Gewalt über jene Kirche und kann sie im Augenblick zertrümmern, es müsste denn sein, dass ein Mensch mir freiwillig seine Seele dafür opferte. Willst du dies etwa tun?" fügte er höhnisch hinzu. "Ich wäre gern bereit", erwiderte unerschrocken der fromme Mann, "meine Seele hinzugeben, wenn die Kirche dafür erhalten würde, aber ich kann dir nicht glauben; wie wäre es möglich, dass du Macht über einen Kirchenbau, ein so gottgefälliges Werk, hättest?"

Auf dem Petersberg kam es zum Streit zwischen Teufel und Mönch. Durch sein beherztes Handeln rettete der fromme Gottesmann die Kirche im 18 km entfernten Wadendorf

Darüber stritten sie eine Weile hin und her; bis der Teufel, durch den Widerspruch gereizt, auf ein daliegendes riesiges Felsstück wies und ausrief: "Ehe du drei Ave Marias sprechen kannst, will ich die ganze Kirche mit diesem Felsblock zerschmettert haben! Mache ich dies nicht wahr, so soll sie auf immer stehen bleiben, und deine arme Seele magst du auch behalten." "Es gilt!", sagte der Mönch.

So ergriff der Teufel den Felsblock, schwang ihn zum Wurf und schleuderte ihn mit furchtbarer Kraft nach der Kirche hin. Der Mönch aber sprach rasch, indem er das ganze Avemaria-Gebet in drei Worten zusammenzog: "Ave Maria Amen, Ave Maria Amen, Ave Maria Amen", und bei der letzten Silbe hatte das Felsstück sein Ziel noch nicht erreicht, sondern stürzte aus der Luft nieder und schlug an der Stelle auf, wo er noch heute liegt.


Ave Maria, miracula. Und grimmig stand der Teufel da.

Damit endete der Bericht von Franz Ohme. Reinhold Schmidt hat die Darstellung zu Papier gebracht und erstmals 1897 in den "Mitteilungen des Thüringisch-Sächsischen Geschichtsvereins" veröffentlicht.

Auf dem Petersberg, hier eine Abbildung um 1850, gündete 1120 Graf Dedo von Wettin das Augustiner-Chorherrenstift. Konrad der Große baute nach Dedos Tod (†1124 während eines Kreuzzuges in Palästina) die Stiftskirche "St. Peter".

Durch mehrere geschichtliche Querverbindungen lassen sich daraus einige interessante Schlussfolgerungen ziehen.

Die Begebenheit kann sich frühestens nach der Gründung des Petersberger Klosters um das Jahr 1120 durch Graf Dedo von Wettin (†1124) abgespielt haben. Die Anhöhe hieß zu dieser Zeit noch Lauterberg oder Leuchtberg (lat. mons serenus) und galt als als Heiliger Berg. Erst die unter Konrad von Wettin, genannt der Große (1098-1157), erbaute Stiftskirche "St. Peter" gab den Berg seinen jetzigen Namen.

Allerdings muss sich der Streit zwischen Teufel und Mönch noch vor der Reformation, die mit Martin Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen am 31. Oktober des Jahres 1517 in Wittenberg ihren Lauf nahm, ereignet haben. Die Reformation machte auch vor dem Petersberger Augustiner-Chorherrenkonvent nicht halt. 1538 verstarb der letzte katholische Probst Johannes von Kanitz. Die drei letzten Ordensbrüder traten zur lutherischen Lehre über. Einer von ihnen, Augustinus Bernreit, wurde erster evangelischer Pfarrer auf dem Petersberg. Ab dieser Zeit gab es dann dort keine Mönche mehr.

Der zweite geschichtliche Hinweis der Sage ist der Bau der 18 km vom Petersberg entfernten Wadendorfer Kirche.

Der Sage nach war die Wadendorfer Kirche damals für den Teufel das Objekt der Begierde. Die Abbildung des schmucken Gotteshauses stammt aus dem Jahre 1996.

Die jetzige Kirche wurde 1828 als klassizistischer Backsteinputzbau unter Herzog Leopold Friedrich von Anhalt errichtet. Die Vorgängerkirche baute Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (Der "Alte Dessauer") 1735 als Dank, dass seine fünf Söhne gesund aus dem polnischen Thronfolgekrieg (1733-1735) zurückkamen. Diese "Fünf-Brüder-Kirche" musste 93 Jahre später wegen Baufälligkeit abgerissen werden.

Von einem noch älteren Gotteshaus ist nichts bekannt. Die Sage könnte aber ein Beleg dafür sein, dass Wadendorf schon zur vorreformatorischen Zeit eine Kirche hatte.

Übrigens liegen der Petersberg, der Flinz und die Wadendorfer Kirche fast in gerader Linie, was das Entstehen der Sage natürlich noch unterstützte.

Natürlich existieren noch weitere Fassungen der Sage. Hachmeister (1909-1997) geht zum Beispiel in seiner Löberitzer Chronik auch auf die Teufelssage ein. Allerdings wird bei ihm der Mönch durch einen Müller ersetzt.

Andere Interpretationen lassen den Mönch drei "Vater Unser" beten. Auch hier überlistet der Gottesmann den Teufel mit einer Vereinfachung des Gebetes: "Vater unser, Amen. Vater unser, Amen. Vater unser, Amen!"

Erstaunlich ist, dass sich die lateinische Wendung "Ave Maria, miracula" (Ave oder Aveo heißt auf deutsch Gegrüßet und Miraculum bedeutet Wunder) im Volksmund bis zum heutigen Tag erhalten hat. Immerhin ist Latein die Welt- und Amtssprache der katholischen Kirche und das will schon etwas bedeuten, in einer größtenteils von der reformatorischen Lehre geprägten Gegend.


Anregung zu vielen phantastischen Geschichten

Doch der Teufel soll auch später seine Macht über den Stein nicht ganz verloren haben. Die Menschen erzählten sich so manche schreckliche Begebenheiten. Da wurden blaue tanzende Flämmchen gesehen, eine große Katze mit glühenden Augen gesichtet und der beißende Geruch von Schwefel festgestellt. Natürlich können hier plausible Antworten in der Natur gesucht werden. Fluoreszierende Moorpflanzen, Wildkatzen und Verfaulungsprozesse könnten die Ursache solcher Erscheinungen gewesen sein.

Erwähnt werden kann auch das Erlebnis von August Zimmermann. Der aus Köln nach Löberitz zugezogene Zimmermann erfuhr im Löberitzer Gasthaus "Zur Weintraube" von dem unheimlichen Stein. Er tat das Gerede und die schauerlichen Geschichten als Aberglauben und Schwindel ab. Nach einigen Humpen Bier wollte er seinen Zechkumpanen zeigen, dass er keine Angst hätte. Er erklärte sich bereit, die Nacht über auf dem Stein zu schlafen.

Am anderen Morgen kam er total verstört und mit einer riesigen Beule zurück ins Dorf. Alle Knochen im Leibe taten ihm weh. Außerdem schwor er Stein und Bein und schlug dabei drei Kreuze: "Ein Pferd hätte ihn getreten und auf den Stein gestoßen. Ein Wunder, dass er noch am Leben sei."

Doch nicht nur Geschichten werden über den Stein erzählt, sondern es wurde sogar ein Gedicht über ihn geschrieben. Der Löberitzer Heimatforscher Paul Losse (1872-1939), der sich durch seine umfangreichen Bodenfunde einen Namen machte, schrieb um 1930 einige Heimatgedichte über die Geschichte des Ortes Löberitz. Unter anderen auch über den Flinz.

Der Flinz
von Paul Losse / Löberitz (um 1930)

Nächtlich zog die Schar der Wilden
zu ihrem alten Opferstein,
wo sie ihre Blutgier stillten,
geblendet noch durch Feuerschein.
Bestimmt war dazu junges Blut
als Opfer für die Heidenbrut.
Bekanntlich bei Gewitter der Nacht
wurden sie da umgebracht.
Wen sie brachten zum Götterstein
sah niemals wieder Sonnenschein. Bedenklich war der Götter Wecken,
verwerflich war der Wilden Wahn,
der Gletscherstein, der Opferschrecken,
die Zeit zerbrach ihn Zahn um Zahn.
Der Flinz, als Opferstein vergänglich,
es war der Menschen Phantasie,
und was man dort im Sumpfe schaute,
dieses, ja dieses sah die Nachwelt nie.
Drauf singt der Vogel sein Abendlied,
der Schnitter unbeachtet vorüberzieht,
wie alles in dauerndem Wechsel kreist,
so ging es auch dem Fuhnegeist.

Der Flinz als geschütztes Bodendenkmal

Obwohl der Stein in einer eher von Menschen wenig frequentierten Gegend liegt, wurde er schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die preußischen Behörden unter Schutz gestellt. Spätestens nachdem die Fuhnesümpfe durch Trockenlegung eine landwirtschaftliche Bedeutung erlangten und sich durch den Torfstich ein weiterer Wirtschaftszweig eröffnete, war dies unbedingt notwendig.

Im Rezess über die Teilung des Zörbiger Fuhnegebietes von 1835/36 wurde folgendes bestimmt:

§ 15 Flenzstein

"In dem Plan Nr. 319, welcher den Handarbeiter Kuntzschmannschen Eheleuten zugefallen, befindet sich ein großer Stein, auf welchen in früheren Zeiten das Bild des heidnischen Götzen Flenz gestanden haben und dort verehrt sein soll. Um der Nachwelt diese in der Chronik von Zörbig merkwürdige Stelle zu bezeichnen, ist dem Plane der Wert von 2 Quadratruten zugelegt, wogegen der jedesmalige Besitzer dieses Planes verpflichtet ist, den gedachten Stein unberührt zu lassen."

Eine preußische Rute entspricht 3,766 Meter. Die dem jeweiligen Besitzer zusätzlich überlassene Fläche beträgt also 28,37 Quadratmeter.

Es ist die erste Unterschutzstellung eines Steines, die im Landkreis Bitterfeld nachgewiesen werden kann. Der Rezess (damalige Archivbezeichnung: Zörbiger Magistratsakten B, Tit. 2, Nr.14) trat erst am 9. Dezember 1837 endgültig in Kraft.

Reinhold Schmid, der Geschichtsschreiber der Stadt Zörbig, schreibt dazu: "Alle Hochachtung vor den damaligen Behörden, die so verständnisvoll für die Erhaltung dieses Kultur- und Naturdenkmals sorgten."

Dennoch hätte dieser Schutz dem großen Steinblock fast nichts genutzt und dem Flinz wäre es genauso ergangen wie einem weitereren eiszeitlichen Findling, der in seiner unmittelbaren Nähe lag.

Dieser wurde um 1850 mittels großer Keile auseinandergetrieben und zur Fundamentierung eines Gebäudes in Löberitz verwendet.

Auch den Flinz wollten sich die Löberitzer nutzbar machen. Dabei versuchte man, ihn möglichst tief auszugraben und dann auseinander zu sprengen.

Zum Glück flossen die Grabungslöcher sofort mit Grundwasser voll, und die hereinbrechende Dunkelheit verhinderte ein schnelles Abschöpfen. Am darauffolgenden Tag wollte man dem Stein dann endgültig beikommen.

Noch am gleichen Abend hörte der damalige Zörbiger Bürgermeister I.P.G.Köppe (1797 - 1864) von dem geplanten Unterfangen der Löberitzer. In seinem hoheitlichen Recht, denn der Flinz liegt auf Zörbiger Flur, untersagte er weitere Aktivitäten. So wurde der Stein für die Nachwelt erhalten.

Die Zeichnung des Bitterfelder Malers Hermann Schiebel wurde 1927 im Heimatkalender für die Muldekreise Bitterfeld und Delitzsch abgedruckt. Sie ist damit wohl eine der ersten, vielleicht sogar die erste authentische Abbildung des sagenumwobenen Steins. Schon damals ragte der Stein höchstens 30 cm aus dem Boden.

Während der Zeit des Nationalsozialismus erlangten alte germanische Heiligtümer wieder eine höhere Bedeutung. Da war es nicht verwunderlich, wenn der Regierungsassesor Dr. Marlinghaus in Vertretung des Bitterfelder Landrates am 10. August 1939 einen Brief folgenden Inhalts an den Zörbiger Bürgermeister richtete:

Betrifft: N a t u r s c h u t z

Ich beabsichtige 1 Findling "Flinz oder Teufelstein" Lage: 700 m östlich der Kreuzung: Kreisgrenze und Weg nach Zehmitz, Messtischblatt 2460 Kartenblatt 2, Plan 318/319, Parzelle 532/533, Besitzer "Dörries Erben" als Naturdenkmal erklären und durch Verordnung unter Schutz stellen zu lassen.

Ich gebe hiervon Kenntnis und ersuche, sich alsbald nach Anhörung der Beteiligten zu den Vorhaben zu äußern. I.V. Dr. Marlinghaus

Auch nach dem II. Weltkrieg stellte die damalige DDR den Flinz als Naturdenkmal unter besonderen Schutz. Der Leiter des Zörbiger Heimatmuseums und Vorsitzende des Heimatvereins Zörbig, Lehrer Otto Schmidt, wies in einem Brief vom 4. Februar 1948 an den Rat der Stadt Zörbig auf die schon über viele Jahre bestehende Unterschutzstellung hin. Er schrieb:

Betr.: Naturschutzdenkmal Flinz!

Der in unserer Fuhne gelegene Flinzstein steht unter Naturschutz. Der Stein liegt nach dem Grundbuch in Parzelle 532/533, Plan 318/319 auf Kartenblatt II der Gemarkung Zörbig. Früherer Besitzer waren Dörries Erben. Im Auftrage der Kreisnaturschutzstelle Bitterfeld bitte ich zunächst um den Namen des jetzigen Besitzers des Grundstückes. Weiter bitte ich darum, den Besitzer durch Polizeiverordnung in Kenntnis zu setzen, dass dieser Stein unter Naturschutz steht und unbedingt erhalten werden muss. Laut alter Verfügung ist der Besitzer verpflichtet, den Stein unberührt liegen zu lassen.

Der Eigentümer hat durch Unterschrift zu bescheinigen, dass er auf diese Unterschutzstellung des großen Findlings hingewiesen worden ist. Diese Quittung ist unseren Akten der Naturschutzstelle hier beizufügen. Ich bitte darum um baldige Zusendung dieser Bescheinigung. Schmidt

Der Rat der Stadt Zörbig instruierte daraufhin den neuen Eigentümer der Wiese, den Neubauern Egidius Roswora aus Zörbig, und machte diese Belehrung aktenkundig.

Am 19. März gleichen Jahres wurde dann durch den Zörbiger Ortsbeauftragten für Naturschutz, Otto Schmidt, auch das Amt für Volksbildung beim Rat des Kreises Bitterfeld von der Unterschutzstellung informiert.

Im Landschaftspflegeplan des Kreises Bitterfeld des Jahres 1986 wird die Größe allerdings nur noch mit 2,00 x 1,00 x 0,30 m angegeben.

In der Februar-Ausgabe 1992 des "Zörbiger Boten" schreckte ein Bericht der Redakteurin Hildburg Kukula die Leser. Unter dem Titel "Naturschutz in der Fuhne - der "Flinz" im Maisfeld ?" wurde berichtet, dass auf einigen Fuhnewiesen Ackerbau betrieben wurde. Der Flinz lag also für einige Wochen in einem Maisfeld. Für die "Öko-Grünen" ein schrecklicher Zustand, doch dem Flinz war es egal. Er nahm keinen Schaden.

1995 wurde durch eine Arbeitsgruppe der Stadt Radegast ein großes Holzkreuz mit einem Namensschild und einer Hinweistafel aufgestellt. Der Text der Hinweistafel wurde von Horst Ruthenberg ausgearbeitet und hat folgenden Inhalt:

Der Teufelsstein

Der Stein, Flenz oder Flinz genannt, oder heilige Stein liegt auf den Zörbiger Fuhnewiesen zwischen Zehmitz und Löberitz. Alter Überlieferung nach ist hier eine Kultusstätte des wendischen Gottes Flenz gewesen.

Über den wendischen Gott Flenz wird in einer Zörbiger Chronik von 1727 berichtet. Er war von schrecklicher Gestalt, als ein Toten Körper mit einem langen Mantel behangen, in seiner Hand ein Stab, mit einem brennendem Blaßfeuer, und auf der linken Seite einen Löwen haltend, der auf der linken Seite aufgerichtet war.

Der Abgott selbst, stand auf einem Flenz Stein und die Sorben haben ihn angebetet, weil sie glaubten, der Löwe werde sie von den Toten aufwecken. Bonifacius, der bekannte Thüringer Apostel, soll ihn abgeschafft und zerstört haben.

Noch lange in die christliche Zeit hinein blieb der Ort eine heilige Stätte, der Wunderkraft innewohnte. Der "Flenz" steht auch in Verbindung mit der Geschichte Wadendorfs. Hier ließ der Alte Dessauer zum Andenken an die glückliche Heimkehr seiner fünf Söhne aus dem polnischen Erbfolgekrieg eine Kirche bauen, die sogenannte Fünfbrüderkirche.

Es gibt eine Sage um diesen Flenzstein. Die Sage nun bringt den Kirchenbau und den Flenzstein, der in gerader Linie zwischen Wadendorf und dem Petersberg liegt, in folgende Verbindung. Der Teufel schaute von der Spitze des Petersberges grimmig nach dem Dorfe und als er sah, dass das Werk des Kirchbaues immer weiter gedieh, da griff er wütend nach einem daliegenden riesigen Felsstück und schleuderte es mit furchtbarer Kraft nach der Kirche hin. Doch der Stein erreichte sein Ziel nicht. Er stürzte aus der Luft nieder und schlug an der Stelle auf , wo er noch heute liegt.

1995 wurde durch eine Arbeitsgruppe der Stadt Radegast ein großes Holzkreuz mit einem Namensschild und einer Hinweistafel aufgestellt. Den Text der Tafel erstellte Horst Ruthenberg als Ergebnis einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Der genaue Lageort des Teufelssteins ist das Flurstück 533 der Flur 2 in der Gemarkung Zörbig. Weitere Bezugspunkte sind der nordöstlich des Steins in Richtung Fuhne fließende Hechtgraben (Flurstück 580) und der unmittelbar vor dem Stein in südöstlicher Richtung verlaufende Weg (Flurstück 459) zwischen Zehmitz und Löberitz.

Im Flurstücks- und Eigentümernachweis des Liegenschaftsamtes der Verwaltungsgemeinschaft Zörbig wird besagtes Grundstück als Landwirtschaftsfläche und speziell als Grünland deklariert. Das Flurstück ist 3190 m2 groß.

Der Besitzer des Flurstück der ehemaligen Fuhnekabeln wurde 1945 enteignet. Es handelt sich um die Erbengemeinschaft Dörries. Als neuer Besitzer wurde der Neubauer Egidius Roswora aus Zörbig/Burgstraße 8 in das Grundbuch eingetragen. Später wurde das Grundstück zum Eigentum des Volkes erklärt und wechselte mehrmals den Rechtsträger.

Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung (1990) war die Wiese der LPG Pflanzenproduktion Zörbig zugeordnet. Der Stein selbst stand in der Rechtsträgerschaft des Rates der Stadt Zörbig. Aufgrund der Tatsache dass die volkseigenen LPG-Grundstücke gemäß dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) der Bundesrepublik Deutschland zufallen, wird dieses Flurstück zur Zeit von der Treuhand, bzw. vom Treuhandnachfolger BVS verwaltet. Für die Stadt Zörbig wäre es damit möglich, das Grundstück als Bodendenkmal kostenlos bei der Treuhand zu beantragen. Nach Anregung durch den Autor brachte die Abteilung Liegenschaften der Verwaltungsgemeinschaft Zörbig durch dessen Leiter Rolf Sonnenburg einen diesbezüglichen Beschlussantrag über den Zörbiger Bürgermeister Leopold Peternek in den Stadtrat der Stadt Zörbig. In seiner Sitzung am 25.03.1997 wurden die Bestrebungen um Übertragungen des Flinzsteines in Kommunaleigentum aus Sorge um zusätzliche Kosten und aus Unkenntnis vorerst verschoben. Erinnert sei bei diesem Entschluss auch an das weitaus entscheidungsfreudigere Auftreten von Zörbigs Stadtoberhaupt Köppe vor über 100 Jahren. Das der Teufelsstein auch in unserer jetzigen Zeit Beachtung findet, ist an einer anderen Tatsache zu sehen. Seit Anfang des Jahres 1996 gibt es im Löberitzer Gemeindezentrum am Schulplatz eine Gaststätte mit Namen "Fuhnequelle zum Teufelsstein". Sicherlich nur eine geschichtliche Randerscheinung und der Stein wird bestimmt Haus und Gaststättenbetrieb überdauern. Dennoch ist die Namensgebung ein äußeres Zeichen von der Fortführung überlieferter Traditionen. Bleibt also auch für die Zukunft zu hoffen, dass der Stein auch weiterhin unser aller Schutz genießt, Beachtung findet und damit Zeugnis für eine wechselhafte und interessante Heimatgeschichte ablegen kann.


Die Geschichte geht weiter

Seit einigen Jahren wird an alte Traditionen angeknüpft und die katholische Gemeinde Zörbig feiert auch unter Beteiligung von evangelische Christen an dieser entlegenen Stelle zum Fest des Bischofs Bonifatius die Heilige Messe. Auch Maiandachten konnten dort in freier Natur schon durchgeführt werden.

In Jahre 1999 errichtete die Zörbiger Kolpingfamilie als Zeichen des christlichen Lebens in unserer Zeit und dem Apostel der Deutschen zur Ehre ein ca. 4,50 Meter hohes Holzkreuz mit der Inschrift "BONIFATIUS", der Jahreszahl 720 und dem Christusmonogramm.

Damit sollte nicht nur Bonifatius selbst, sondern auch sein großes, die Zeit überdauerndes Missionswerk geehrt werden. Ein Werk, dass die Verkündigung der Frohen Botschaft unter schwersten Bedingungen, die Missionierung riesiger Gebiete und den Aufbau einer kirchlichen Struktur zum Inhalt hatte