Saftjunge

Zörbig

Brunnen waren und sind immer beliebte Treffpunkte – Begegnungsstätten, nicht nur, wie in vergangener Zeit, um Wasser zu schöpfen, sondern auch, um Neuigkeiten auszutauschen. Das tut man genauso wie früher heute noch, wenn sich die Bedeutung der Brunnen auch grundlegend geändert hat.
Die Stadt Zörbig versorgt ab 1929 ihre Einwohner mit Trinkwasser aus entsprechenden Leitungen. Die Brunnen in öffentlichen Bereichen sind nunmehr Zierbrunnen, die an die ehemaligen Wasserquellen erinnern sollen. Dafür wurde auch der Brunnen auf dem Markt vor 76 Jahren (Durchmesser 6 m) geschaffen.

Die Stadtverwaltung hatte sich in Vorbereitung auf das tausendjährige Stadtjubiläum entschlossen, den Brunnen wieder mit einem Denkmal zu schmücken. Das sollte etwas für Zörbig Spezifisches darstellen. Dazu bot sich doch die traditionelle Rübensaftproduktion an, die seit 1870 in Zörbig heimisch war. Nicht nur „Zippelzörbig“ nannte uns der Volksmund, sondern auch „Saftzörbig“.
1957 enthüllte der damalige Bürgermeister Hans Hämisch anlässlich eines Heimatfestes den „Saftjungen“ als eines der Wahrzeichen der Stadt.
Den Auftrag dafür hatte die alteingesessene Firma Scholz erhalten.
Alteingesessen kann man sie nennen, denn am 1. Januar 1897 gründete Gustav Scholz einen Steinmetzbetrieb, den nach dessen frühen Tod der Bruder Paul (1903) übernahm. Von diesem erbte jede folgende Generation einmal das künstlerische Talent und damit auch das Atelier. In der vierten Generation sind Sohn und Tochter von Hartmut Scholz bildhauerisch tätig, Sohn Arnd im elterlichen Grundstück in der Bitterfelder Straße. Herr Hartmut Scholz stand seinerzeit Modell für diese Brunnenfigur. Für den damals Zwölfjährigen war es schon sehr anstrengend, auch noch mit einem Topf im Arm, lange still zu stehen.
Das Schicksal des Saftjungen ist auf eigenartige Weise mit der Familie Scholz verknüpft. Am 10. Oktober 2004 hatte ein Junge das Sandsteindenkmal vom Sockel gestoßen und mutwillig zerstört. Darüber empörten sich nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche der Stadt. Die geborgenen Trümmer wanderten nun wieder in die Werkstatt Scholz. Juniorchef Arnd Scholz machte es sich zur Aufgabe, das Denkmal zu restaurieren. Zugleich mit der Restaurierung der Figur erfolgte eine umfangreiche Sanierung des Brunnens. Dazu spendeten Zörbiger Firmen nach einem entsprechenden Aufruf im Zörbiger Boten 2006 erhebliche Geldsummen.
Zum seinem 50. Jubiläum konnte die Wiederaufstellung des Saftjungen mit erneuter Enthüllung am
4. September 2007 festlich begangen werden. Bürgermeister Rolf Sonnenberger, damals neu im Amt, hielt eine Ansprache, Kinder der Stadt boten ein kleines Programm und Mitglieder des Heimat-Vereins 1922 e.V. den Zuschauern Saftbemmen an. Im Rathaus gab es eine Tafelausstellung, auf der man sich über die Geschichte des Brunnens informieren konnte.